Für mich war es nicht das Richtige
Nachdem ihn ein Rottweiler angefallen hat, ist Mareks
Gesicht zerstört. Der Junge zieht sich mehr und mehr in sich zurück, bis ihn
seine Mutter in eine Selbsthilfegruppe behinderter Jugendlicher schickt. Genau
wie Marek ist ein Großteil der Teilnehmer eher unfreiwillig dort. In dieser Truppe
von Krüppeln trifft Marek sehr skurrile Gestalten. Eine Tunte, einen fetten
Jungen, dessen Organe sich langsam auflösen, einen smarten Blinden und die im
Rollstuhl sitzende Janne.
Der Titel verspricht viel, die Idee ist reizvoll. Der
Schreibstil der Autorin nahm mich sofort gefangen. Liebevoll beginnt sie, ihre
Figuren zu zeichnen, wobei Marek als Protagonist und schwieriger Charakter konsequent
im Vordergrund steht und zunächst absolut glaubwürdig agiert. Marek möchte mit
dem Leben nichts mehr zu tun haben, mit diesen Krüppeln noch viel weniger. Doch
dann erweist sich genau diese Gruppe als Mareks große Chance.
Bis zu einem bestimmten Punkt habe ich das Buch geliebt. Ich
habe die Figuren geliebt und den nicht selten bitterbösen Humor der Autorin.
Ich habe mit Marek mitgefühlt, habe mit ihm gelitten und gelacht. Doch was dann
passierte, kann ich nicht sagen. Auf einmal treten die Jugendlichen, die
Bronsky mit so viel Liebe und Tiefsinn einführt, in den Hintergrund. Nur Marek
bleibt uns und ein Todesfall in seiner Familie, der nun plötzlich die gesamte
weitere Handlung bestimmt. Auf einmal ist nichts mehr glaubwürdig, auf einmal
scheinen alle völlig zerrissen zu sein. Der Protagonist genauso wie ich als
Leser. Marek ist irritiert – gerade hat er sich auf die Gruppe eingelassen,
schon reißt ihn das Schicksal wieder heraus. Und auch ich als Leser hatte große
Schwierigkeiten, diese Wendung zu akzeptieren. Fast schien es mir, als hätte
die Autorin versucht, mehrere Ideen unbedingt in einer einzigen Geschichte
unterzubringen. Als wäre Einiges bewusst passend gemacht worden. Marek, der mir
anfangs so sehr ans Herz gewachsen war, entfernte sich immer weiter von mir.
Der Schluss des Buches ist sehr verwirrend. Ich habe mir
einen tiefgründigen Roman versprochen. Unterhaltung auf hohem Niveau. Eine
Geschichte, die zum Nachdenken anregt. Das hat sie definitiv auch getan,
allerdings bin ich nicht sicher, ob die Art des Nachdenkens von der Autorin so
beabsichtigt war. Als ich die letzte Seite gelesen hatte, ging mir
ununterbrochen die Frage durch den Kopf, was das denn nun bloß gewesen ist.
Lauter lose Enden. Keine schlüssigen Erklärungen mehr. Viele Fragen, wenige
Antworten.
Insgesamt kann ich für mich feststellen, dass ich es nicht
mag, wenn mich der Autor allein lässt. Er verspricht, mir eine Geschichte zu
erzählen. Für mich hat eine gute Story einen Anfang, ein Ende und allerlei
Dinge, die zwischendurch passieren. Wenn der Autor mich zwischendurch mit einer
Menge Andeutungen anfüttert, dann wäre es seine Pflicht, diese am Ende auch
aufzuklären. Es ist gut, wenn genug Raum für die Phantasie des Lesers bleibt.
Wenn Nachdenklichkeit jedoch dadurch erzeugt wird, dass wichtige Teile der
Geschichte einfach nicht weitergeführt werden, wenn Figuren sich im Nebel
auflösen, wenn Dinge einfach geschehen, ohne, dass erklärt wird, warum, dann
hat für meine Auffassung der Autor sein Versprechen nicht gehalten.
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